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geboren am 19. April 1872 in Berlin

gestorben am 30. August 1948 in New York

Mitbegründerin der Sozialen Arbeit, Gründerin der ersten Schule für Soziale Arbeit, engagierte sich im internationalen Frauenbund, veröffentlichte sozialkritische Publikationen zu Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft

“Der gesunde Menschenverstand klagt die soziale Ordnung an.”

Alive Salomon wurde in eine bürgerliche Familie mit mehreren Kindern und einem großen Haus in der nähe des Anhalter Bahnhofs geboren. In ihrer Autobiografie beschreibt sie eine glückliche Kindheit mit vielen Spielgefährt*innen und einen wunderschönen Garten der zu ihrem Haus gehörte. Ihre Familie war jüdisch, aber da es keine jüdischen Traditionen in ihrer Familie gab, fühlte sie sich nie mit dem Judentum verbunden. Sie ließ sich 1914 taufen und fühlte sich immer dem evangelischen Glauben verbunden. Die Zerrissenheit der jüdischen Gemeinde und ein sehr verbreiteter Anstisimitismus wurde in ihrem Leben immer wieder zum Problem. Er begann mit Ausgrenzungen und endet mit der Flucht aus Deutschland.

1893 Gründung Vereinigung für soziale Hilfsarbeit: Wie für andere Mädchen aus gut betuchten Haushalten war auch für Alice keine weitere Bildung oder gar ein Beruf vorgesehen. Sie litt unter ihrer Untätigkeit und ihrer Abhängigkeit. Erst mit ihrem Eintritt in soziale Bereiche, durch die Arbeit in der Vereinigung für soziale Hilfsarbeit beginnt ihre Berufung.

“Meine Tage waren jetzt übervoll. Keine sorgfältig ausgearbeitet Pläne mehr, um meinem Leben gehalt zu geben – die Zeit des nutzlosen Daseins, der leeren Erwartungen und der blinden Hoffnung war vorüber.”

1900 Vorstand Bund Deutscher Frauenvereine: Alice Salomon setzt sich für das Wahlrecht und die Gleichstellung der Frauen ein.

“In dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch, das im Jahre 1900 in Kraft trat, wurde, trotz der leidenschaftlichen Propaganda fortschrittlicher Frauen, die Unterordnung der Frauen weiterhin aufrecht erhalten. Wie vorher war allein der Ehemann berechtigt, die gemeinsamen Geschäftsangelegenheiten zu regeln, Vermögen und Einkünfte, sowohl die eigenen wie die seiner Ehefrau zu verwalten, über Eigentum und Mitgift seiner Frau zu verfügen oder damit zu spekulieren, wenn nicht andere vertragliche Regelungen vor der Eheschließung getroffen wurden. Wenn die Eltern über die Erziehung der Kinder verschiedener Ansicht waren, war nur der Wille des Ehemanns maßgebend. Was Wunder, daß Frauen, die so eingeschränkt und sogar innerhalb der eigenen Familie als unmündig behandelt wurden, in politischen Angelegenheiten ängstlich geblieben waren? Während die Frauen in anderen Ländern mit spektakulären Wahlrechtskampagnen voranschritten, führten wir heiße theoretische Diskussionen darüber, ob das Wahlrecht ein Anfang oder ein Ziel sei. Den Frauen war es in Deutschland ebenso wie Studenten und Lehrlingen verboten, politischen Vereinigungen beizutreten oder an Versammlungen politischen Charakters teilzunehmen. Dieses Gesetz stammte von 1850, war jedoch 1889 novelliert worden. Was konnten wir überhaupt tun? Alles stand unter dem Oberbegriff “Politik”: Petitionen, die sich auf die Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung bezogen, die Bürgerrechte und die staatliche Außenpolitik. Unter diesem veralteten Gesetz war eine Frauengesellschaft aufgelöst worden, weil sie die Einfuhrzölle auf Nähgarn diskutiert hatte; eine andere deshalb, weil sie einen Vortrag über die Zustände im Städtischen Krankenhaus arrangiert hatte.“

1906 schloss Salomon, trotz einiger Hürden auf Grund ihres Geschlechts, ihr Studium mit einem Doktor für Philosophie ab.

1908 Gründung einer Schule für Soziale Arbeit, 1932 wurde sie in Alice Salomon Schule umbenannt, seit 1991 gibt es die Alice Salomon Hochschule Berlin

“Ich eröffnete die Schule für soziale Arbeit 1908 mit einer Ansprache über die Worte von Carlyle: “Gesegnet, wer seine Arbeit gefunden hat. Er braucht nach keinem anderen Segen mehr verlangen.”

Das Zitat von Carlyle wurde zu ihrem Leitspruch.

Alice Salomon über die Ausbildung in ihrer Schule:

“Die soziale Arbeit, zu der wir unsere Schülerinnen ausbildeten, ist eine Annäherungsweise an die Probleme der Gesellschaft; Politik ist eine andere. Auch wenn die Ziele übereinstimmen mögen, die Mittel tun es nicht.”

Alice Salomon angagierte sich Zeit ihres Lebens für den internationalen Frauenbund. Sie war viel auf Reisen, organisierte internationale Zusammenkünfte, hielt Vorträge und setzte sich, mit ihrem Leben, für Frieden und Gerchtigkeit ein. Zu einem ihrer Vorträge, der sich mit seinen Forderungen an Politiker wendete, schrieb sie folgendes:

“Ich habe bereits erwähnt, wie aufregend es immer war, in einem nur von Männern besetzten Saal zu sprechen, für die eine Frau am Rednerpult wie ein erster Theaterbesuch war.”

Der erste Weltkrieg unterbrach die Soziale Arbeit. Alice Salomon wurde „Leiterin der Frauenabteilung im Kriegsamt“. Ihre Aufgabe war es Frauen nah hinter der Front zu organisieren, die sich um die Soldaten kümmerteten. Das wohl dieser Frauen war ihr sehr wichtig und sie setzte sich für sie ein. Trotzdem haderte sie ein Leben lang mit dieser Funktion, die den Krieg unterstützte und die schwachen ausbeute.

“Ich hatte an die Humanität geglaubt und die Humanität war zusammengebrochen. Ich hatte für weltweite Verbindungen gearbeitet. Sie waren vorbei. Sie waren vorbei. Es war nichts übriggeblieben als Nationen, die einander angriffen, haßten, bekämpften.”

1918-1933 Weimarer Republik: Alice nimmt die soziale und politische Arbeit wieder auf. Frauen können endlich politische Ämter bekleiden und wichtige soziale Reformen können mit ihrer Hilfe umgesetzt werden (z.B. das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922).

„Frauen konnten politische Ämter bekleiden, allerdings: “Sie (Führer der Parteien) waren selten gewillt, einer Frau den ersten Platz zu geben;”

“Einige der führenden Frauen entschieden sich für eine Partei nicht wegen ihres Programms – tatsächlich unterschieden sich die gedruckter Programme zu jener Zeit nicht erheblich – sondern danach, wo sie die größte Chance hatten, für das Parlament zu kandidieren.”

Sie selbst entscheidet sich keiner Partei beizutreten und weiterhin als Person für soziale Gerechtigkeit einzustehen. „Teil des öffentlichen Apparats zu sein“ hätte ihrer internationalen Tätigkeit im Wege gestanden befürchtet sie.

“Ich war auf der Welt, um zu vermitteln, nicht um zu kämpfen.”

“Meine eigenen Aktivitäten in der sozialen Arbeit waren, angefangen von den unbedeutenden Dienstleistungen der Mädchen und Frauengruppen, zu einem Beruf von nationaler Bedeutung gewachsen. Gleichzeitig damit hatte die Wohlfahrtsarbeit ihren Makel von Caritas, Armenrecht und Philanthropie verloren und hatte die Würde sozialer Gerechtigkeit erworben, verbunden mit dem zusätzlichen Verdienst, einen Beitrag zum Ausgleich von Klassenunterschieden zu leisten.”

Nationalsozialismus:

“Wir alle sind schuldig; wir lebten, als gäbe es viele Wege, unserem Lande zu dienen. Das ist, denke ich, immer noch wahr. Aber wie lebten in einer gefährlichen Zeit und wie hatten über die Verpflichtung der Demokratie nicht genug gelernt. Für unsere kollektive Schuld haben wir teuer bezahlt.”

Alice Schriften verschwinden, ihre Schule wird aufgelöst, ihr wird ein Veröffentlichungsverbot erteilt und sie wird verhört, so dass sie 1937 erst nach England und dann weiter in die USA flieht.

“Ein Jahr später (1933) verschwand der Name (Alice-Salomon-Schule) schnell und die finsteren Tage des Terrors und der Herrschaft des Hasses begannen. Es fällt  mir schwer, mich damit zu beschäftigen; aber wie alles in meinem Leben, ist dies eine Pflicht, die mir vom Schicksal auferlegt wurde.

“Die Gestapo forderte mich im Mai 1937 auf, am folgenden Morgen zu einem “Bericht über meine Auslandsreisen” zu erscheinen. Nach einem vierstündigen Verhör erhielt ich den Befehl, Deutschland innerhalb von drei Wochen zu verlassen.”

Bevor sie selbst floh, verhalf sie noch einigen zur Flucht mit Hilfe ihrer internationalen Kontakte. Deutschland zu verassen viel ihr sehr schwer und die Zeit in Amerika war nicht leicht und wie für viele andere Flüchtlinge auch mit Schuldgefühlen belastet.

“Kein Land konnte veranlasst werden, seine Einwanderungsgesetze aufzuheben – nicht einmal für eine Schiffsladung von Kindern, obwohl viele Länder zurückgehende Geburtenraten aufwiesen und Bevölkerungsabnahme drohte.”

“Ich brauchte vier Jahre, bis ich mir eine eigene Wohnung einrichten konnte und ich bin jetzt sehr stolz darauf, daß ich in meinem siebzigsten Lebensjahr mit Hilfe eines Kochbuches Koche gelernt habe.”

“Alles, was ich während meines Lebens getan habe, hatte einen Inhalt: beizutragen zur Entstehung einer sozialen Ordnung mit mehr Gerechtigkeit, Chancengleichheit und einem tieferen Empfinden der Solidarität und Brüderlichkeit.”

Diese Zusammenfassung einiger Daten und Ereignisse aus dem Leben von Alice Salomon ist eine subjektive Auflistung die sich nicht um Vollständigkeit bemüht. Alle Zitate sind aus ihrer Autobiografie „Charakter ist Schicksal, Lebenserinnerung“ entnommen.